Unlimited Impfen oder warum ist Impfen ein Booster für die Logistik.
Die logistische Peak Phase liegt mit dem Weihnachtsgeschäft schon ein paar Wochen hinter uns und viele Prozessbeteiligte konnten die etwas ruhigere Phase zum Verschnaufen nutzen.
Nach den ersten Lockdowns rutschten wir in ein Dauer-Weihnachtsgeschäft. Das ist eigentlich toll und begrüßenswert für das „Business“ – doch parallel zur Steigerung der weltweiten logistischen Bedarfe haben sich auch die Begleitumstände zur Erbringung der Dienstleistungen stark verändert. Würde ich hier allein auf die uns bei Logiline tangierenden Veränderungen eingehen, würde aus diesem Beitrag eine Enzyklopädie der Logistik werden.
Aber ich möchte Ihnen vielmehr die Handlungsansätze für Ihre logistische Zukunft näherbringen und konzentriere mich auf drei entscheidende Punkte:
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Warum haben wir weltweit gestörte Lieferketten?
Den wenigsten ist bewusst, dass ca. 45% unserer Luftfracht mit Passagierflugzeugen transportiert wurden. Die Betonung liegt auf wurden… Durch die weltweite Corona Pandemie und dem daraus folgenden Stopp von Privat- und Geschäftsreisen ergaben sich auch keine Bedarfe mehr, Passagierflugzeuge in der Luft zu halten. Somit wurde dem Logistikmarkt eine wichtige und große Transportressource entzogen. Diese konnte bis zum heutigen Tag weder mit umgebauten Passagiermaschinen in Frachtern (Neusprachlich Prachtern!) noch dem Neubau von reinen Frachtmaschinen behoben werden.
Das stellt sich in der Seefracht ähnlich dar. Sie befand sich vor der Pandemie in einer unrentablen Situation, die schon so manche Reederei in die Insolvenz oder zur Verschmelzung mit Anderen geführt hat. Dazu kam ein coronabedingter Lockdown und daraus resultierend ein Einbruch der Nachfrage beim Containertransport. Das wiederum führte zum starken Abschmelzen der weltweiten Schiffskapazitäten und verschiedenen Containerarten. Es wurde verstärkt auf Mega-Containerschiffe gesetzt, während man sich ansonsten bei den Investitionen zurückgehalten hat.
Diese extreme Schwächephase hielt aber nur kurz an. Handel und Produktion wurden mit einem Nachfrageboom konfrontiert, mit dem keine Analyst gerechnet hat, und die Gesetzmäßigkeiten der freien Marktwirtschaft traten deutlich zutage. Angebot und Nachfrage führten zu einer erheblichen Preissteigerung.
Die Reedereien verknappten das Angebot und/oder konnten nicht schnell genug Neubauten und Neucontainer liefern. Das führte zu Preissprüngen auf manchen Relationen von 1000,-$ auf 15.000,-$ für den Containertransport. Einige wenige Coronainfizierte führen an neuralgischen Logistikumschlagspunkten wie See-Häfen, zu einer Komplettsperrung der gesamten Infrastruktur am Standort. Das hat zur Folge, dass selbst in den containerumschlagstärksten Häfen in China alle Im- und Exporte ruhen. Damit gibt es für die Container vor Ort auch keine Chance, auf einen anderen Hafen umgeroutet zu werden.
Die Logistikströme in West-Europa und besonders in Deutschland bauen auf den personellen Einsatz von Frauen und Männern aus dem osteuropäischen EU-Raum.
Auch hier gibt es keine einheitliche Meinung, wie mit der Pandemie umzugehen ist, und wie die individuellen Rahmenbedingungen in den verschiedenen EU-Staaten angewendet werden. Häufig verzichten hier die Menschen auch auf einen Impfschutz und ziehen es vor, wieder in ihre Ursprungs-/Heimatländer zurückzugehen. Das entzieht dem Logistikmarkt wertvolle Akteure bei Umschlagstätigkeiten sowie im Straßengüterverkehr. Die handelnden Menschen in der Logistik werden weniger, aber bei Bedarf in der Haus-zu-Haus-Belieferung im Geschäftsbereich und in der privaten Versorgung erhöhen sich überproportional.
Diese Verknappung gibt es nicht nur im gewerblichen oder auch im speditionellen, kaufmännischen Bereich. Auch staatlichen Stellen wie Zollämtern, fehlen Mitarbeitende bei den außenwirtschaftlichen Vorgängen. Das führte selbst in Situationen, in denen wir Frachtraum auf internationalen Flug-Routen für unsere Kunden „erkämpft“ haben, zu Missständen. Die Transportabwicklung selbst funktionierte in der Hochphase reibungslos, aber da wir in der zolltechnischen Abwicklung auf staatliche Stellen angewiesen sind, kam es zu erheblichen Verzögerungen. Prozesse, die früher in 24 Stunden abgewickelt wurden, nahmen nun mehrere Tage in Anspruch. Es fehlen einfach im privatwirtschaftlichen Sektor (und auch an vielen staatlichen Stellen) zupackende Hände. Aktuell sind die gestörten Lieferketten und die Arbeit im Büro mit den verfügbaren Kräften nicht in Gänze zu ersetzen.
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Logistik war und bleibt ein „people-business“!
In der Supply-Chain und/oder bei der Transportausführung kommen Menschen, bei der Beauftragung oder der Übergabe von Waren, zusammen. Bei der Umsetzung der Transportaufgabe ist immer noch ein Mensch, keine Maschine, der Ausführende für den Auftrag.
Viele Fahrerinnen und Fahrer sind bereits im Ruhestand und können nicht durch den (zu geringen) Nachwuchs ersetzt werden. König (oder mittlerweile zum Glück auch Königin) der Landstraße möchten nur noch absolute „Highway-Fans“ als Traumberuf ergreifen. Selbst die ehemalige „Schule des Lebens“, die Bundeswehr, beschert der Logistikbranche keine motivierten Trucker mehr. In der Vergangenheit wurden in Westeuropa diese Lücken durch die EU-Erweiterung mit motivierten Fahrern aus Ost-Europa aufgefüllt. Doch auch hier haben sich die die Rahmenbedingungen gewandelt: Die Impfempfehlungen für das Fahrerpersonal führte dazu, dass viele Frachtführer lieber ungeimpft in ihre angestammte Heimat zurück gegangen sind. Das Phänomen des Wegbleibens vom Steuerrad ist selbstverständlich auch in Deutschland ein bekanntes Problem.
Fazit: Ich kann und möchte auch nicht die Empfehlung für das Impfen gegen Covid19 aussprechen. Aber Jedem sollte bewusst sein, dass die Ressourcen unter dem Einfluss von Corona immer schneller schwinden, und Jeder sollte sich frühzeitig Transportkapazitäten und alternative Partner für seine Logistik sichern. Dabei wird es in der Regel nicht um den letzten Preis gehen, sondern um die Sicherstellung der eigenen Lieferfähigkeit im Jahresverlauf. Impfen wird den Transport nicht beschleunigen oder die Supply Chain terminsicherer machen. Aber es sorgt dafür, dass wieder mehr Kolleginnen und Kollegen Ihre Sendungen in den Transportfluss bringen, und wir alle etwas ruhiger und gelassener unseren Aufgaben nachgehen können.
Es ist nicht immer einfach in der weltweiten Logistik. Aber das war es auch in der Vergangenheit nicht. Mit dem „Pieks“ der Impfung haben wir es alle in der Hand, die Logistikketten ein Stück sicherer und belastbarer zu machen. Und wäre es nicht auch schön, wenn wir uns mal wieder in Präsenz sehen und begegnen könnten?
In diesem Sinne – Bitte bleiben Sie gesund!
Ihr Olaf -Ulrich Krause
Olaf-Ulrich Krause,
Geschäftsführer Business Development LOGILINE-Gruppe & Gründer